„Bad Segeberg ist das traurigste Beispiel für die Verhinderung von Infrastrukturausbau und langen Planverfahren in Deutschland. Dass eine Autobahn seit so vielen Jahren am Rande einer Stadt endet, ist nicht länger zu vermitteln. Wenn die Umweltverbände in Schleswig-Holstein jetzt ein Moratorium für Planung und Bau der A 20 fordern, muss das für die Wirtschaft wie Hohn klingen. Denn wir haben doch seit vielen Jahren faktisch einen Ausbaustopp”, kritisiert Hagen Goldbeck, Präsident der IHK Schleswig-Holstein. Es gebe Konsens von vielen Seiten, dass die Umfahrung Bad Segebergs dringend gebraucht werde und trotzdem gibt es kaum Fortschritte.
Wenn Bundesverkehrsminister Volker Wissing einen nationalen „Infrastrukturkonsens“ fordere, sei dies im Interesse der Wirtschaft. Goldbeck: „Natürlich sind auch wir am Dialogprozess interessiert, aber fragen uns, wann wir vom Reden endlich ins Machen kommen.” In der öffentlichen Diskussion fehle, dass der motorisierte Individualverkehr in der Fläche häufig die effizienteste Form des Verkehrs darstellt. Es müsse folglich daran gearbeitet werden, den Straßenverkehr unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen. „Nicht der Verkehrsträger Straße an sich ist das Problem, sondern die verzögerte Energie- und Antriebswende“, so Goldbeck weiter.
Auch in Politik und Verwaltung ist der Frust über den jahrelangen Bau- und Planungsstillstand groß: „Wahrscheinlich wird der Leidensdruck von Bad Segeberg außerhalb Schleswig-Holsteins nicht erkannt”, drückt auch Toni Köppen, Bürgermeister von Bad Segeberg, sein Unverständnis aus. „Wir freuen uns, dass wir heute das Problem wieder einmal deutlich benennen und aufzeigen können. Gleichzeitig hoffen wir auf möglichst schnelle Lösungen, denn es ist nicht zu vermitteln, dass die Verkehrszahlen und damit auch die Belastungen in unserer Stadt seit Jahren steigen. Anscheinend fehlt den politischen Entscheidungsträger*innen in Land und Bund das Problembewusstsein.”
Bereits seit 2009 endet die A 20 vor den Toren Bad Segebergs. Die Stadt muss somit überregionale Verkehre in ihrem städtischen Netz aufnehmen. Neben der Zerschneidung der Stadt durch die vielbefahrene Bundesstraße, gibt es vor allem große Belastungen durch die täglichen Staus in beiden Richtungen. „Die A 20-Frage geißelt uns seit vielen Jahren! Die Realität heißt: tägliche Stauzeiten!” Bernd Jorkisch, Geschäftsführender Gesellschafter der Jorkisch GmbH & CO. KG und JOBEGA GmbH, kritisiert die mangelnde Planungssicherheit für Unternehmen. „Jede Woche quälen sich mehr als 40 unserer Lkw-Touren durch die Stadt, hin und zurück – unseren Zuliefernden ergeht es nicht anders. Ein unhaltbarer Zustand für uns, unsere Lieferant*innen und Kund*innen.”
Diese Einschätzung teilt Günter Loose, Geschäftsführer der Möbel-Kraft AG. „Über Kosten und Nutzen eines Projektes zu sprechen ist richtig. Aber nach so vielen Jahren sollten wir dringend einmal über Staukosten sprechen. Wir haben diese seit 13 Jahren und ein Ende ist nicht in Sicht. Dieser Status Quo ist keine Option mehr und wir brauchen ein beschleunigtes Handeln.”
Der Weiterbau der A 20 ist eine wichtige Forderung der IHKs in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen. Die A 20 bringt vielfältige positive Effekte für die Wirtschaft: eine hochwertige Verbindung der norddeutschen Wirtschaftszentren, eine wichtige Ost-West-Verbindung in Deutschland, eine Entlastung des Knotens Hamburg und eine verbesserte Anbindung der deutschen Seehäfen. Besonders wichtig für Schleswig-Holstein und Niedersachsen ist die Attraktivität für weitere wirtschaftliche Entwicklungen in der Unterelberegion, die durch die feste Unterelbequerung deutlich zusammenwachsen kann.
Seit 2021 führen die IHK Schleswig-Holstein, die IHK Stade, die Oldenburgische IHK sowie die Handelskammern Hamburg und Bremen unter dem Motto: „A 20 – mehr als eine Autobahn” eine Kampagne, um auf den volkswirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Nutzen der A 20 hinzuweisen. Ziel ist es, auf die verkehrliche und wirtschaftshemmende Situation der bisherigen Infrastrukturen A 1 und A 7 im Hamburger Raum und die nicht ausreichende Leistungsfähigkeit der vorhandenen B 205, B 206 und B 404 hinzuweisen. Die Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung werden aufgefordert, die A 20 schnellstmöglich voranzutreiben, Gesetze zur Planungsbeschleunigung zu erlassen und die Vorhabenträger*innen mit ausreichend Finanzmitteln auszustatten.
IHK Schleswig Holstein
Die IHK Schleswig-Holstein ist die Arbeitsgemeinschaft der IHKs Flensburg, Kiel und Lübeck. Die IHK Schleswig-
Holstein ist der zentrale Ansprechpartner für alle Fragestellungen zum Thema Wirtschaft, die mehr als nur regionale Bedeutung haben. Zu diesen Themen bündelt sie die Meinung der drei IHKs in Schleswig-Holstein, so dass diese gegenüber Politik und Verwaltung mit einer Stimme für die Wirtschaft im Lande sprechen. Die IHK Schleswig-Holstein nimmt die Interessen von 175.000 Unternehmen mit rund 750.000 Arbeitnehmenden wahr.
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