A 20: Ökologie und Ökonomie im Einklang

18.03.2021 – Die A 20 nimmt in der Entwicklung der Unterelberegion eine zentrale Rolle ein. „Aber auch die Natur und der Charakter der Region müssen erhalten bleiben. Wichtig ist daher, dass der Autobahn-Ausbau für Menschen und Region nachhaltig geschieht und ökonomische, soziale sowie ökologische Aspekte abgewogen werden“, sagte Thomas Jensen, Vizepräsident der IHK Flensburg, bei einer Veranstaltung der Initiative „Mehr als eine Autobahn“. Unter der Überschrift „Infrastruktur und Nachhaltigkeit“ diskutierten die IHKs aus Schleswig-Holstein und Stade für den Elbe-Weser-Raum, wie Nachhaltigkeitsaspekte beim Autobahnbau berücksichtigt werden können.

Bernd Rothe, Bereichsleiter der DEGES, die die A 20 in Schleswig-Holstein im Auftrag des Bundes plant, stellte die Entlastungsfunktion der A 20 heraus: „Der Elbtunnel und die Elbbrücken in Hamburg werden um rund 23.500 Fahrzeuge pro Tag entlastet, die stark belastete Ortsdurchfahrt Bad Segeberg ebenfalls um rund 13.000 bis 14.000 Fahrzeuge“, machte Rothe deutlich. Beim Bau der Autobahn komme ein nachhaltiges Umweltmanagement zur Anwendung. Insgesamt werde es in Schleswig-Holstein Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf einer Fläche von 2.000 Hektar geben. Das ist knapp zehnmal so viel, wie an Fläche versiegelt wird, nämlich 240 Hektar, und knapp dreimal so viel, wie Flächen für den Bau in Anspruch genommen werden, also 800 Hektar. Einzelmaßnahmen beträfen den Schutz der Zwergschwäne an der Hörner Au, der Fledermäuse in Bad Segeberg und die Habitate von Haselmäusen.

Maren Quast, Leiterin der Außenstelle Stade der Autobahn GmbH, die die Planungen in Niedersachsen betreut, stellte die Maßnahmen in den vier elbnahen Abschnitten dar: „Um die Tragfähigkeit des anstehenden Baugrunds zu erhöhen, nutzen wir das Überschüttverfahren. Das bedeutet, dass wir zum Beispiel Torfböden als natürliche CO2-Speicher vor Ort belassen und überbauen.“ Im Rahmen der Baustelle der A 26 nördlich von Neu Wulmstorf könne man dieses Verfahren bereits beobachten. Dort sei ein Vorbelastungsdamm aus Sand entlang der Strecke aufgebracht worden, um die Setzungen des Baugrundes vor dem Bau der Straße vorwegzunehmen. Ein weiteres Beispiel für nachhaltiges Vorgehen beim Autobahnbau seien Lärmschutzwände, die zum Großteil aus Holz bestehen.

IHKs und auch die Unternehmen bemängeln immer wieder die im internationalen Vergleich langwierigen Planverfahren. Stig Rømer Winther, Geschäftsführer der Femern Belt Development, beschrieb das dänische Verfahren beim Bau von Infrastruktur. Vom ersten politischen Beschluss bis zum Baurecht dauere es bei Autobahnen lediglich bis zu drei Jahre. „Das Baurecht wird vom Parlament, dem Folketing, beschlossen. Es hat Vorrang vor allen anderen Rechtsvorschriften“, sagte Winther. Die einzelnen Schritte beinhalteten aber jeweils öffentliche Konsultationsprozesse, sodass entstehende Konflikte möglichst umgehend ausgeräumt werden. „Dänemark ist eine Vertrauensgesellschaft. Alle sind an der besten Lösung für die Umwelt und die Gesellschaft interessiert“, so Winther.

Diesen dänischen Pragmatismus vermisst Thomas Jensen, Geschäftsführer der Dolleruper Bürgerwindpark GmbH & Co. KG und Vizepräsident der IHK Flensburg, dagegen in deutschen Planungsverfahren. „Ich habe leider häufig nicht das Gefühl, dass das alles Hand in Hand geht“, sagte Jensen. Die Verfahren müssten einfacher gestaltet werden, auch in Bezug auf den Naturschutz. Die Wirtschaft brauche Infrastruktur, um ihre Aufgaben zu bewältigen. „Die Vorläufe bei Großprojekten, mittlerweile aber auch schon bei kleineren Projekten, sind viel zu lang“, stellte Jensen fest.

Dänemark ist eine Vertrauensgesellschaft. Alle sind an der besten Lösung für die Umwelt und die Gesellschaft interessiert.

Stig Rømer Winther, Geschäftsführer der Femern Belt Development

Auch Ingo Ludwichowski, Geschäftsführer des NABU Schleswig-Holstein, griff die Planungsprozesse auf. In Deutschland gelinge die Einbindung nicht wie in Dänemark und komme immer erst dann, wenn alles fertig geplant sei. „Klagen ließen sich vermeiden, wenn Umweltverbände von Beginn an eingebunden würden“, sagte Ludwichowski. Die Naturschutzverbände verhinderten Planungen nicht, sondern wiesen auf Fehlplanungen hin. Sofern Gutachten angefertigt würden, sollten die Gutachter*innen von allen Beteiligten gemeinsam ausgesucht werden. Ludwichowski dazu: „Wir haben erlebt, dass Gutachter*innen nicht unabhängig gearbeitet haben, sondern zugunsten des Planungsträgers.“ Die dauerhafte Einbindung der Öffentlichkeit und der Naturschutzverbände müsse in Deutschland besser werden.

Zu den grundsätzlichen Nachhaltigkeitszielen stellte Christian Merl, Leiter der Stabstelle Kommunikation, der Niederlassung Nord, den Ausbau der E-Ladeinfrastruktur, Recycling alter Fahrbahnen mit einer Recyclingquote von bis zu 90 Prozent, solarbetriebene P-WC Anlagen, Müllsortierung und -pressanlagen, den Testbetrieb des E-Highways in Schleswig-Holstein sowie das bereits umgesetzte Projekt der P-WC Anlage Ostseeblick auf der A 1 vor. Merl: „Die Autobahn ist in erster Linie Mobilitätsträger. Es kommt darauf an, welcher Antrieb darauf fährt. Wir müssen hier die Zukunft mitgestalten und für moderne nachhaltige Lösungen sorgen. Das tut die Autobahn.“

Zur Initiative „Mehr als eine Autobahn“

Der Weiterbau der Küstenroute A 20 mit fester Unterelbequerung ist eines der wichtigsten Verkehrsprojekte Norddeutschlands. Als Ost-West-Magistrale von Polen bis zu den Niederlanden hat die Küstenroute europaweite Bedeutung und ist Bestandteil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes der EU (TEN- V). Mit der Nord-West-Umfahrung Hamburgs setzt sie die bestehende Ostseeautobahn von Stettin bis Weede bei Bad Segeberg fort und schließt zukünftig Schleswig-Holstein über die Elbequerung bei Glückstadt an Niedersachsen an. Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung betonen die IHK Schleswig-Holstein und die IHK Stade mit der Initiative „Mehr als eine Autobahn“ und fordern den Weiterbau der Küstenroute ein.

Für weitere Informationen:

Karsten von Borstel

IHK Schleswig Holstein

E-Mail: karsten.vonborstel@kiel.ihk.de

Telefon: 0431 5194-224

Kristof Ogonovski

IHK Niedersachsen

E-Mail: kristof.ogonovski@oldenburg.ihk.de

Telefon: 0441 2220-415

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